Berichte von 04/2018

Southern Scenic Route

Montag, 09.04.2018

Seit knapp einer Woche bin ich jetzt unterwegs und habe über 900 Kilometer zurückgelegt. Das meistens auf der Southern Scenic Route, die auf sehr zeit- und spritverschwenderische Weise Queenstown mit Dunedin verbindet, durch Te Anau und Invercargill und so oft wie möglich an der Küste oder zwischen irgendwelchen Gebirgen hindurch führt. Sonst wäre der Name ja auch nicht gerechtfertigt.

Ein großer Teil meiner Zeit wird also einfach mit Autofahren verbracht, zwischendurch werden oft Stopps eingelegt, um mal die Beine auszustrecken, Fotos zu schießen oder kleine Wanderungen zu unternehmen.
Übernachtet wird meistens im Auto auf Campingplätzen oder abgelegenen Straßen, ab und zu auch im Hostel, um ein wenig mehr Menschen begegnen, richtig kochen und eine Dusche nehmen zu können.
Nun selbst ein Auto besitzend habe ich schon zwei Hitchhiker mitgenommen und revanchiere mich so irgendwie für meine Zeit als Hitchhiker.

Im Moment befinde ich mich im Catlins Nationalpark direkt an einer häufig von Delfinen besuchten Bucht (häufig scheint heute auszuschließen) und habe den südlichsten Punkt der Südinsel besucht. Abhängig vom Wetter werde ich morgen weiter den Urwald zu Fuß oder vom Auto aus erkunden und dann der Southern Scenic Route nach Dunedin folgen.

Fiordland

Montag, 09.04.2018

Nächstes Ziel: Fiordland. Größter aller Distrikte, kaum bevölkert, viele Berge und Buchten.
Von der einzigen größeren Stadt dort, Te Anau, habe ich Tagesausflüge zu den einzigen gut zugänglichen Fjorden, Doubtful und Milford Sound, unternommen.

Gut zugänglich aber auch nur bedingt. Um zum Doubtful Sound zu gelangen, war ich zwanzig Minuten mit dem Bus, dann eineinhalb Stunden mit dem Schiff auf dem riesigen, bei dem Wetter mystischen Lake Manapouri (allein schon eine Attraktion) und wieder eine Stunde mit dem Bus unterwegs.
Der Fjord selbst ist bestimmt total schön. Viel davon gesehen hab ich davon aber nicht, es war viel zu bewölkt und stürmisch. Zugegebenermaßen ist aber allein eine Bootstour, bei dem einen das Wetter buchstäblich umhaut, unheimlich aufregend.

Zum Milford Sound konnte ich selbst mit dem Auto hin fahren, wettermäßig sah's auch besser aus. Mit nur zwei anderen Leuten in Kayaks unterwegs bin ich fünf Stunden lang an riesigen, dicht bewachsenen steilen Felswänden vorbei, an über 100 Meter hohe Wasserfälle heran und unter einem Regenbogen hindurch gefahren.

Das ganze Fiordland ist, abgesehen von den paar Orten und notwendigen Straßen, ein einziger unendlicher Urwald. Erinnert mich dauernd an all die von mir besuchten afrikanischen oder südamerikanischen Landschaften, aber auch an fiktive Orte wie Wakanda, Narnia oder Mittelerde. Merkwürdig. Und natürlich wunderschön.

Paradise

Mittwoch, 04.04.2018

Es mag wirken, als würde das Wort "schön" hier ein wenig inflationär verwendet (ebenso wie die Blogeinträge). Aber Paradise ist genau das: paradiesisch schön.

Ca. zehn Minuten entfernt vom ruhigen, kleinen Glenorchy, das nur über das große, strahlende Queenstown erreicht werden kann, beginnt eine Schotterstraße, die einen durch lange Alleen und weite Felder führt, bis nach 13km ein Schild an der Straße steht, dass vor zahlreichen Flussübergängen, Straßenbeeinträchtigungen und drohenden Schäden am Auto warnt. Auf dementsprechend wenige Autos trifft man, je näher man dem Paradies kommt.
Man fährt sehr langsam weiter, um bei all den Löchern und Rillen im Boden und Flussdurchquerungen das Auto nicht zu beschädigen, hat dadurch aber umso mehr Zeit, die Landschaft zu betrachten.
Nach ein paar vereinzelten Häusern am Anfang trifft man auf riesige saftig grüne Weiden mit tausenden Kühen und Schafen darauf, die einen auch mal zum Anhalten zwingen, rings herum dichte, dunkle Wälder, der klare See und dahinter die mächtigen Berge. Die Gipfel der Berge verschwinden in den Wolken, es wirkt, als wäre man von den Himmel verdunkelnden Vulkanen umgeben. Durch die Wolken und leichten Nebel hindurch taucht die Sonne alles in ein mystisches, orangenes Licht. Der Soundtrack zu "Der Herr der Ringe" verstärkt all die Bilder ungemein. Wüsste man nicht, dass Schafe, Kühe und Schotterstraßen nicht natürlicherweise in Neuseeland vorkommen, hätte man den Eindruck, hier wäre noch nie zuvor ein Mensch gewesen.
Nach einer Weile mündet das Tal in einen dieser dichten, dunklen Wälder. Die späte Uhrzeit und die nun düsterere Musik lasssn alles noch dunkler und, gefühlt ewig weit weg von der Zivilisation, gruseliger wirken. Irgendwann gelange ich an einen Fluss, der mir zu tief zur Überquerung erscheint und kehre um. Auf dem Rückweg halte ich nochmal im Tal an, wirklich ein Paradies, und habe Tränen in den Augen, weil es einfach nur so schön ist.

On the Road Again

Dienstag, 03.04.2018

Nach zwei-monatigem Tellerwaschen habe ich meinen Job gekündigt, noch ein paar Tage so in Queenstown verbracht und mir jetzt ein Auto gemietet und Queenstown verlassen. Der nächste fest geplante Stop ist in sechs Wochen in Auckland. In der Zwischenzeit kann ich fahren so viel und wohin auch immer ich möchte und mir dabei jede Menge Zeit lassen. 

Für die knapp 50 Kilometer lange Strecke von Queenstown nach Glenorchy habe ich heute über zwei Stunden gebraucht, weil allein die Fahrt auf der meist direkt am See entlang laufenden Straße wunderschön ist. Man fährt unzählige Serpentinen, die alle 500 Meter eine völlig neue Perspektive auf See, Berge, Wälder und Weiden offenbaren, sodass man während der eigentlich kurzen Fahrt wahrscheinlich zehn mal an den Straßenrand fährt, um einfach nur die Aussicht zu genießen und Fotos zu schießen oder auf eine kurze Wanderung zu gehen. 

Glenorchy selbst ist ein kleiner und der nördlichste am Lake Wakatipu gelegene Ort, in dem es nicht nur feinen Kaffee und Lachsbrötchen gibt, sondern der auch als "Tor zum Paradies" bekannt ist. Bin wirklich gespannt, was mich jenseits dieses Tores erwartet. 

Und danach geht's wieder weiter in den Süden, immer weiter, mit lauter Musik und einem breiten Grinsen. 

134m

Sonntag, 01.04.2018

Am Anfang fühlt man sich wie auf einer gewöhnlichen Busfahrt, doch je höher in die Berge und je länger man fährt, desto schneller wächst die Aufregung. Irgendwann kommt man oben an. Zehn Minuten später steht man am Rand einer kleinen Plattform, die mit Drahtseilen an den steilen Felswänden zu beiden Seiten befestigt ist. Man blickt hinunter auf den Fluss, der sich zwischen den Felsen hindurch schlängelt. Dann bewegt man sich einen weiteren Schritt auf den Rand zu und springt, entgegen aller Instinkte, kopfüber in den Abgrund.

Achteinhalb Sekunden lang fliegt man ungebremst auf den 134 Meter entfernten Boden zu. Zuerst spürt man die Bedrohung der absoluten Kontrolllosigkeit, des noch nie erlebten freien Falls, des näher kommenden Bodens. Die Aufregung schlägt schnell ins Positive um, man spürt unendliche Freiheit und Freude.

Irgendwann strafft sich das Seil, man wird abgebremst, springt ein paar mal auf und ab und wird - hoffentlich nicht kopfüber - wieder hochgezogen. Und das war's auch schon. Was für ein Unsinn. Was für ein Wahnsinn! Das wird auf jeden Fall wiederholt.