Berichte von 10/2017

Am Rand der Welt

Sonntag, 29.10.2017

Nach einem Zwischenstopp in Waihi Beach bin ich ans nächste Ziel, Tauranga, gelangt, natürlich per Hitchhiking. 

Hier bin ich bei einer britisch-neuseeländischen Familie gelandet, die einen riesigen Garten inklusive einer Avocado-Plantage betreibt, jedoch ein wenig unterbesetzt ist und Unterstützung benötigt. Im Austausch für Unterkunft und Essen sowie einige Ausflüge arbeite ich hier 20 Stunden pro Woche und helfe bei allen möglichen Dingen, entferne Unkraut, reinige das Haus, spalte und staple Holz, ...
Ein Haus weiter wohnt eine Familie mit einem Jungen, der Trompete spielt, keinen Trompetenlehrer hat, gerne trotzdem was lernen würde - praktischer Zufall, gutes Nebeneinkommen.

Das Stadtzentrum ist auch hier nicht wirklich spannend: es gibt eine kleine Kunstgalerie sowie einen interessanten lokalen Straßenkünstler, abgesehen davon lohnt es sich aber eher, die Stadt zu verlassen und irgendwas in der Natur zu unternehmen; das scheint für ganz Neuseeland zu gelten.

Nicht nur der Rest der Welt, sondern auch die Kiwis selbst sehen Neuseeland, geographisch isoliert und politisch unbedeutend, als kleines Land am Rand der Welt.

Vom stadtnah gelegenen Berg auf den schier endlosen Pazifik blickend fühlt es sich auch genauso an.

On the Road

Freitag, 20.10.2017

Von Ort zu Ort zu kommen, zum Beispiel per Bus, kann ganz schön teuer werden, habe ich festgestellt. Und wenn man kein eigenes Auto hat, sind kleinere Orte beinahe unerreichbar, Busse fahren meistens nur Großstädte an.

Hitchhiking ist hingegen ziemlich billig. Kostenlos sogar. Und man kommt überall hin.
Für einen mittellosen Backpacker also optimal.

Am Anfang ist das ein bisschen demotivierend:
Man stellt sich an die Straße, streckt die Hand aus, lächelt. Unzählige Leute kommen entgegen, gucken einen verständnislos an, fahren vorbei.
Irgendwann hält doch jemand, der zwar nicht das gleiche Ziel hat, aber ein Stück in die gleiche Richtung muss, Unterhaltung sucht und einen mitnimmt.

Vier Mitfahrgelegenheiten, ein paar Meilen Fußmarsch und Stunden später ist das Ziel erreicht und ich habe nebenbei einiges über Hitchhiking, fremde Leute, den Konsum von Gras und die Bosheit der Banken erfahren.

Kostenlos, vor allem aber echt spaßig und irgendwie ein bisschen abenteuerlich. Das wird wiederholt.

Obdachlos

Freitag, 20.10.2017

Letzten Mittwoch, noch in Auckland, steckte ich meine Kreditkarte in einen Geldautomaten, um Geld abzuheben. Dem Automaten gefiel die Karte so gut, dass er sie behalten wollte. Und da ich schon einen 50$-Bus gebucht hatte, nahm ich den Bus in der Annahme, noch mit meiner deutschen und meiner neuseeländischen Girokarte zahlen und Geld abheben zu können.

Ich kam hier in Whitianga an und stellte fest, dass beides nicht ging, also bestellte ich eine Notfall-Visakarte, die ein bis zwei Tage später ankommen sollte, und handelte einen Deal mit dem Hostel hier aus, um statt bei der Anreise erst bei der Abreise drei Tage später zahlen zu müssen.

Irgendwie klappte nichts wie geplant, drei Tage später hatte ich immer noch kein Geld und auch keine Unterkunft mehr.
Nach langem Suchen fand ich eine öffentliche Grillstelle am Strand, wo ich die Nacht verbringen wollte. Kann ja nicht so kalt sein in Neuseeland.

Am Abend kamen zufällig zwei Kiwis vorbei, wir aßen und tranken zusammen, irgendwann verschwanden die beiden wieder.
Es wurde später, dunkler und kälter.
Der wunderschöne Sternenhimmel über dem Strand war mir irgendwann egal, ich spürte nur noch Kälte. 

Meine Kreditkarte kam am nächsten Morgen an, meiner Meinung nach zu spät. Ich war aber ziemlich froh, die eine Nacht draußen reichte mir.

Aufgebrochen

Freitag, 13.10.2017

Ein guter Arbeitsplatz hat sich mir immer noch nicht angeboten, scheinbar muss man hier aktiv danach suchen. 

Stattdessen habe ich Auckland verlassen und bin in einem kleinen Ort (Whitianga; für Kiwi-Verhältnisse aber doch relativ groß) mitten auf der Coromandel-Halbinsel gelandet. Von hier aus kann man unheimlich viele kleine Strände entdecken, die man am besten über Pfade durch dicht bewaldete Hügellandschaften erreicht, schwimmen, ab und zu klettern. Unterwegs trifft man, wie überall, immer wieder diese Rucksackreisenden, mit denen man die Orte bestaunen kann und die mit etwas Glück sogar ein Auto besitzen und einen zurück zum Hostel fahren. 

Die Stadt selbst bietet abgesehen von einer großen Straße mit vielen Geschäften und Restaurants sowie einer langen Strandpromenade nicht besonders viel, weshalb ich schon wieder auf der Suche nach weiteren Reisezielen und Jobangeboten bin oder einfach mal, die Sonne genießend, auf der Terrasse sitze. 

Planlos

Sonntag, 08.10.2017

Inzwischen habe ich mich ein kleines bisschen an die Distanz zu meiner alten Welt gewöhnt. Außerdem trifft man hier dauernd andere Menschen, die genauso neu hier sind und genauso planlos durch Auckland streifen - vor allem auf Banken und Ämtern; nach so viel dort verbrachter Zeit fühlt man sich da schon fast wie zuhause.

Die erste Woche ist fast vorbei, wichtige Sachen wie Bankverbindung und Handynummer sind organisiert. Die Reise kann also losgehen. Aber irgendwie habe ich so gar keinen Plan, wo ich als nächstes hin will.

Deshalb versuche ich, erstmal einen Job zu finden: Arbeiten, gleichzeitig Kiwis und andere Backpacker kennen lernen, Ideen von neuen Leuten aufnehmen und dann später eventuell selber umsetzen. Außerdem kann ich dann danach länger reisen, ohne mir Sorgen wegen des Geldes machen zu müssen. Vielleicht stelle ich auch fest, dass Obst pflücken genau mein Ding ist und bleibe für den Rest meines Lebens hier auf einer Farm. 

 

Tag #1. Eigentlich #2.

Mittwoch, 04.10.2017

Nach einer verdammt langen Reise bin ich endlich in Auckland angekommen und hab erstmal den halben Tag lang (eigentlich noch länger) im Bett gelegen. 

Es ist total merkwürdig, so weit weg zu sein, aber auch total spannend. Wobei das erste Gefühl gerade noch ein bisschen überwiegt. Die Stadt zu erkunden, am besten mit Musik, macht's besser.  

Hier gibt's zwei riesige Häfen. Egal, wo man ist, in der Nähe findet man immer irgendwo Wasser. Drum herum viele Brücken, Wege, die sich ums Wasser herumwinden müssen. Zusammen mit den vielen Hügeln wird das Herumlaufen unheimlich interessant, gefühlt hinter jeder Ecke erlangt man neue Perspektiven.

Jetzt gerade sitze ich in einer der tausend Bibliotheken dieser Stadt und merke, dass selbst hier drin einige Leute barfuß unterwegs sind. Irgendwie merkwürdig. Aber irgendwie auch nachvollziehbar, hier ist alles viel sauberer.

Und obwohl es hier erst kurz nach halb sechs (abends) ist, bin ich schon wieder müde. Schlafrhythmus? Weg.